Natur blüht zwischen den Fairways

Owingen – Golf und Natur – wie passt das zusammen, mag sich mancher fragen, der die penibel gepflegten Rasenflächen auf den Greens und Fairways sieht?

Ja der Begriff „Golfrasen“ steht sogar im Privatgraten gerne für Bereiche, in denen kein Gänseblümchen stören darf. Doch manchmal muss man genauer hinschauen und das Ganze in den Blick nehmen, um ein fundiertes Urteil fällen zu können. Wie beim Golfclub Owingen-Überlingen, dessen Bahnen zwischen Streuobstwiesen und kleinen Weihern angelegt sind, der zahlreiche Nistkästen für Brutvögel und Fledermäuse angebracht hat.

„Wir sind doch ein Teil der Umwelt hier“, sagt Jean-Claude Parent, Präsident des inzwischen von den Mitgliedern selbst betriebenen Golfclubs rund um den denkmalgeschützten Lugenhof, der jetzt das Zertifikat „Golf und Natur“ in Silber des Deutschen Golfverbandes entgegennehmen durfte. In den gut 30 Jahren seines Bestehens habe sich auf dem Owinger Golfplatz viel verändert, betont Parent. Begonnen habe es als vorrangig kommerziell orientiertes Projekt eines Tübinger Investors, dem damals wenig an der Einbindung in die Umgebung gelegen gewesen sei. Seit die Mitglieder selbst die Anlage in ihr Eigentum übernommen hätten, sei dies anders.

Die Ernsthaftigkeit des Anliegens wird auch an den Beratern und Partnern deutlich, die sich der Golfclub ins Boot geholt hat. Das ist nicht nur Thomas Hepperle, ehrenamtlicher Naturschutzbeauftragter im wesentlichsten Teil des Bodenseekreises, der sich auch in den Projekten der Sielmann-Stiftung engagiert und für Biodiversität starkmacht. Kritische Begleiterin ist auch Dr. Antje Boll, die stellvertretende Regionalgeschäftsführerin des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Konstanz, die am aktuellen Pflege- und Entwicklungskonzept mitgewirkt hat.

Mitten in der Natur, vor herbstgefärbten Streuobstwiesen präsentieren Jean-Claude Parent, Präsident des GC Owingen-Überlingen und Clubmanagerin Katharina Enkelmann, das Zertifikat "Golf & Natur" (© Hanspeter Walter)

Dazu gehören unter anderem die Pflege und der langfristige Erhalt von alten Apfel- und Birnbäumen, die zum Charakter der ganzen Anlage ebenso erheblich beitragen wie die verschiedenen Wasserflächen. Zwischen den Streuobstbäumen wurde und werden noch weitere Blühwiesen angesiedelt. Zum Einsatz kommen hier nicht Allerweltsmischungen, wie Präsident Jean-Claude Parent betont, sondern ortstypische Zusammenstellungen, bei denen Professor Martin Elsäßer von der Universität Hohenheim, der auch am landwirtschaftlichen Zentrum Baden-Württemberg den Fachbereich Grünlandwirtschaft leitet, Pate stand. „Artenschwund, Insektensterben und der Rückgang von Blütenpflanzen in der Agrarlandschaft sind in aller Munde“, sagt der Agrarexperte: „Daher ist es unser Bestreben zu zeigen, dass Golfanalgen mit ihrer sehr heterogenen Struktur und ihrer großen Fläche eine sehr positive Wirkung zum Erhalt und auch zur Verbesserung der Artenvielfalt haben können.“

„Lebensraum Golfplatz – Wir fördern Artenvielfalt“ lautet der Titel eines anderen gemeinsamen Pilotprojekts baden-württembergischer Golfanlagen, des Umweltministerium, des Baden-Württembergischen Golfverbandes (BWGV) und des Deutschen Golfverbandes (DGV). „Während das Qualitätsmanagement vom Dachverband ausgegangen ist“, sagt Jean-Claude Parent, „ist ‚Lebensraum Golfplatz‘ ein Projekt von der Basis aus.“ Ziel des zunächst auf zwei Jahre angelegten Projektes ist es, die vorhandenen Biodiversitätsflächen auf baden-württembergischen Golfanalgen quantitativ und qualitativ auszubauen. Der offizielle Startschuss dazu fiel bei einem Umweltsymposium des Landesverbands vor einem Jahr in Ludwigsburg.

Golf und Natur

Der Deutsche Golf Verband (DGV) gehärt mit circa 642 000 registrierten Mitgliedschaften in 852 Golfclubs zu den zehn größten Sportverbänden. Der DGV setzt sich seit 1990 mit Umweltfragen auf Golfanlagen auseinander. Mit „Golf & Natur“ wurde im Jahr 2005 ein Umwelt- und Qualitätsmanagement-Programm etabliert, in dem Artenschutz und Sicherung von Lebensräumen eine wichtige Rolle spielen. 162 Golfanalgen wurden bislang ausgezeichnet, davon 83 Zertifikate in Golf, 44 in Silber und 35 in Bronze. Der Baden-Württembergische Golfverband ist mit circa 75 000 Golfspielern und 10 Vereinen der drittgrößte Landesverband. Der Golfclub Owingen-Überlingen wurde 1990 auf dem Lugenhof eröffnet und ist inzwischen im Eigentum der Mitglieder. (hpw)

Von: Südkurier / Hanspeter Walter
Bild: © Südkurier
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