Golfplätze gelten gemeinhin als Spielplätze von Gutbetuchten, die auf ausgeräumten Landschaften und eintönigen, kurzgeschorenen Rasenflächen ihrem Hobby nachgehen. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit, denn die weiten Flächen eines Golfgeländes umfassen meist nur etwa zu 50% solche intensiv genutzten Rasenflächen, die als Spielbahnen gelten. Sie werden Fairways genannt und sind damit die eigentlichen Spielbahnen, auf denen die Golfer sich hauptsächlich bewegen. Insgesamt nur etwa 4-5 % der gesamten Platzfläche sind ganz kurz gemähte Grüns und Abschläge, die im Wesentlichen aus wenigen Grasarten bestehen.
Wegen dieser extrem intensiv genutzten und stark betretenen Flächen werden Golfplätze oft als extrem naturfeindlich abgestempelt.
Die restlichen Flächen zählen zum sogenannten Rough, das entweder aus ein- oder zweischürigen Extensivwiesen, aus Hecken oder Gebüschen, aus stattlichen Einzelbäumen oder aus Gewässern besteht. Diese Flächen werden naturgemäß im Laufe der Zeit bei geeigneter Pflege meist immer artenreicher und damit ökologisch wertvoller (s.a. Elsäßer, 2021). Der Altbestand an Solitär-Bäumen ist dabei oft von überragender Qualität auch hinsichtlich des Landschaftsbildes. Allerdings darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Golfplätze in erster Linie Sportanlagen sind, deren Pflege ausschließlich von den Club-Mitgliedern oder Golfplatzbetreibern organisiert und bezahlt wird.
Die Förderung durch öffentliche Mittel ist Fehlanzeige. Selbst wenn die Pflege im Einzelfall von praktizierenden Landwirten übernommen wird, gibt es dafür keine staatlichen oder kommunalen Fördermittel. Dafür sind die Spielbahnen entsprechend dem Spielzweck gestaltet. Die Restflächen, wie bereits erwähnt, sind jedoch ein landschaftstypisch biodiverses Refugium von seltenen Pflanzen und Tieren. So finden sich in den Roughs des Fürstlichen Golfressorts Oberschwaben (FGCO) z.B. mehr als 15 Pflanzenarten, die auf der Roten Liste der bedrohten Arten stehen und darüber hinaus wachsen auf dem mehr als 200 Hektar großen Gelände, Pflanzen, die man in diesem oberschwäbischen Landschaftsraum eher nicht erwartet.
Eine erste Inventaraufnahme der in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts installierten Anlagen wurde 2021 vom Landwirtschaftlichen Zentrum Aulendorf vorgenommen und publiziert (Grant et al., 2019) (Tabelle 1). Insgesamt wurden im Rahmen dieser Studie zudem auf 15 der 90 Golfplätze in Baden-Württemberg an je 10 Stellen mit 25 Quadratmeter Größe Deckungsgrade der Pflanzenarten kartiert. Je nach Größe der Golfanlagen und dem Landschaftsraum, in dem sie sich befinden, sind die Artenzahlen teils erheblich. In Bad Waldsee (FGCO) sind es immerhin mehr als 100 krautige oder grasige Pflanzenarten im Bereich der Wiesenroughs. Wobei der jüngere der beiden Plätze in Bad Waldsee,
der sogenannte New Course, vor etwa 25 Jahren speziell mit artenreichen Mischungen angelegt wurde und seit Jahren durch eine behutsame und bedachte Pflege seine überragende Pflanzenvielfalt entwickeln konnte.
Inzwischen sind die Plätze auch ein Refugium für Tiere. Nicht selten sorgen Schlangen, vor allem Ringelnattern aber auch Kreuzottern, auf den Golfgrüns für Überraschungen bei den Golfspielern. Ohnehin sind Kröten und Frösche aller Art in den verschiedenen Gewässern oder Gewässerrändern zu finden.

Interessant ist in dieser Studie, dass bezogen auf die untersuchten Golfplätze in Baden-Württemberg die Artenzusammensetzung sich im Wesentlichen sechs Habitattypen zuordnen ließ. Flachlandmähwiesen kamen auf 6 Plätzen vor, Bergmähwiesen (n = 104), Feuchtwiesen (n=15), Nasswiesen oder Sümpfe (n=5), Halbnatürliches trockenes Grasland in zwei Ausprägungen: nährstoffarme (n=9) und trocken resp. halbtrocken (n=7) und einige nicht näher spezifizierte Habitattypen (n=6).
Das Fürstliche Golfressort Bad Waldsee ist seit Jahren bemüht, die in der öffentlichen Meinung bestehende Diskrepanz zwischen intensiv genutzten Sportplatzflächen einerseits und den weiten, nur sehr extensiv genutzten Wiesen- und Waldrändern allen Personen zu erklären die diese Flächen nutzen. So werden regelmäßig Führungen zu verschiedenen Themenbereichen (Wiesenbotanik, Streuobstwiesen, Fledermaus, Heil- und Gewürzpflanzen etc.) angeboten. Es gibt zudem einen etablierten Naturlehrpfad und selbstredend sind die für die Pflege und Entwicklung der einzelnen Landschaftselemente zuständigen Greenkeeper ständig auf dem neuesten Wissensstand was naturgemäße Pflege und zum Teil auch händisch notwendige Ausgleichsmaßnahmen betrifft.
Derzeit wurde die Anlage in Bad Waldsee auch als ein Studienobjekt ausgewählt für einen Forschungsverbund aus vier Universitäten, die gezielt im Rahmen des vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) geförderten Projekts „Golf-Biodivers“ die Auswirkungen unterschiedlicher Pflegemaßnahmen auf die Biodiversität untersuchen. So wird bewusst nur ein Teil der Roughflächen im Herbst gemäht, um über eine Streifenmahd Schutzstrukturen zur Überwinterung für Kleinlebewesen wie Insekten zu schaffen. Gleichzeitig können solche Flächen dann auch das Nahrungsangebot für Vögel im Winter ergänzen.
In einem weiteren Projekt namens „Lebensraum Golfplatz – wir fördern Artenvielfalt“, das der Baden-Württembergische Golfverband zusammen mit dem Deutschen Golfverband und dem Umweltministerium Baden-Württemberg initiiert hat, sind immerhin 66 Golfanlagen aus Baden-Württemberg beteiligt. Selbstredend ist auch das Fürstliche Golfressort Bad Waldsee mit von der Partie. In diesem Projekt, das vom Umweltausschuss des Baden-Württembergischen Golfverbandes geleitet wird, werden die Golfplatzbetreiber in Seminaren geschult und in der ökologischen Ausrichtung ihrer Anlagen unterstützt. U.a. wird eine Homepage betrieben (www.lebensraumgolfplatz.de), die wichtige Inhalte zur Pflege der Plätze und zum Verständnis der Lebensräume vermittelt. Zudem wird im Rahmen dieses Projektes in jedem zweiten Jahr ein überregionales Umweltsymposium veranstaltet.

Besonderheiten auf dem Fürstlichen Golfressort Oberschwaben
Eine größere Fläche an Loch 14 des New Course ist mit dem Bunten Schachtelhalm (Equisetum variegatum) bestanden. Der Erhalt und Bestand dieser Fläche wird vom Artenschutzbeauftragten des Regierungspräsidiums Tübingen
überwacht. Dieser Überflutungsbereich wird jährlich mit einigem Aufwand händisch von Bäumen und Büschen befreit. An einer anderen trockenen und sehr mageren Stelle auf dem Platz finden sich im Frühjahr Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris), die für Oberschwaben eher weniger typisch ist und deren Herkunft am Standort sich nicht ohne weiteres erklären lässt. Auf der gleichen Fläche mit nur geringer Bodenauflage finden sich im Sommer auch Kreuzenzian (Gentiana cruciata) und in großer Anzahl auch Wiesensalbei (Salvia pratensis) als Trockenheitszeiger vergesellschaftet mit Zittergras (Briza media) und der Aufrechten Trespe (Bromus erectus). Diese spezielle von einer Lesesteinmauer umgebene Fläche wurde in den letzten Jahren durch Schafbeweidung respektive durch Messerbalkenschnittund händische Pflegearbeiten freigehalten. Dort entwickeln sich nun auch Geflecktes Knabenkraut (Dacty-lorhiza maculata) und weitere Orchideen..
Eine Besonderheit der Artenentwicklung besteht auf dem Golfplatz infolge der Ansaaten bei der Golfplatzanlage vor 25 Jahren durch das Nebeneinandervor- kommen von Wechselfeuchtezeigern und Trockenheitszeigern. So kommen der Große Wiesenknopf (Sanguisorba major) und die Kuckuckslichtnelke (Lychnis flos cuculi) durchaus neben Salbei oder Trespenarten vor, eine Kombination die sich in der Natur eher so nicht zeigen würde.
Besondere Schönheit besteht auf einer größeren Fläche durch das flächige Vorkommen von Orchideen, wie Geflecktes Knabenkraut (Dactylorhiza maculata) oder der Helmorchis (Orchis militaris) und die Bienenragwurz (Ophrys apifera). Um dieser Besonderheit Rechnung zu tragen, wird diese Fläche zur Schonung des Bestandes seit vielen Jahren im Frühjahr und Sommer aus dem Spielbetrieb genommen und es besteht ein explizites Betretungsverbot, das nur durch größere Einsicht aller dort spielenden Golfer einzuhalten ist. Dieses Verbot besteht selbst dann, wenn der Spielball auf wundersame Weise seine geplante Flugrichtung ändert und im tiefen Gras zur Ruhe kommt. Das ist allerdings eher ein ideeller Verlust für den Golfer, der aber oft schmerzlich zu ertragende Strafschläge nach sich zieht.
Biodiversität zeigt sich nicht allein durch eine hohe Artenanzahl, sondern ist auch die Summe der vorhandenen unterschiedlichen Lebensräume. Hier befinden sich auf dem Areal des Fürstlichen Golfressorts eine enorme Vielzahl solcher unterschiedlichen Lebensräume. Hecken, Gebüsche, stehendes Altrough, Frisch- und Feuchtwiesen, Extensivwiesen, Streuobstbestände, Trockenmauern, Waldsäume oder heideähnliche Bereiche mit Thymian, Wildem Dost oder tatsächlich Erica oder auch Tausendgüldenkraut (Centaureum erythraea) wechseln sich in unregelmäßiger Folge ab. Im Frühjahr bestimmen sowohl die Echte Schlüsselblume (Primula veris) als auch Primula elatior weite Bereiche der sehr extensiv bewirtschafteten Wiesenroughs (jährlich maximal zwei Schnitte und seit Jahren keine Düngung) zwischen den Spielbahnen, die sich im Sommer in hohe Grasbestände verwandeln und die im zweiten Flor im Frühherbst durch Skabiosen und Witwenblumen eine schöne violette Färbung bekommen.
Durchaus besondere Bedeutung hat auch ein großer Bestand der Sumpfständelwurz (Epipactis palustris), der sich je nach Jahr in stark unterschiedlicher Ausprägung zeigt und in einem zeitweilig überfluteten Bereich liegt. Oft wird auch gefragt, wie denn die Rasenflächen gesund und unkrautfrei zu halten sind. Hier sind inzwischen sehr rigide gesetzliche Vorgaben einzuhalten und den Greenkeepern bleibt nicht mehr sehr viel Spielraum für eine chemische Unkrautbekämpfung. Allenfalls die gefürchtete Pilzkrankheit Dollarspots lässt sich noch chemisch behandeln, nahezu jedes andere Pestizid ist inzwischen verboten und schränkt den Handlungsspielraum stark ein. Als Fazit kann der Satz von Staatssekretär Baumann, der im Rahmen des Projekts Lebensraum Golfplatz öfters Gast auf den baden-württembergischen Golfplätzen war, erneut zitiert werden: „Golfplätze sind nicht das Problem, sondern sie sind ein Teil der Lösung!“ Insofern sind die Flächen des Golfressorts Oberschwaben Bad Waldsee, die auf den umgebenden Spazierwegen öffentlich zugänglich sind, auch ein wunderbares Refugium für die Entwicklung von einzelnen Arten und verschiedenartigen Lebensräumen und bieten insbesondere in der Blütezeit einen herrlichen Anblick.
Text & Bilder: Prof. Dr. Martin Elsäßer
Literatur:
Elsäßer, M., 2021: Mähen mit Abräumen oder Mulchen? Golfroughs artenreich gestalten. Rasen-Turf-Gazon, 1, 3-9. Grant, K., Boehling, N. und M. Elsaesser, 2019: Considerable floristic biodiversity potential in roughs on golfcourses. Grassland Science in Europe, Vol. 25 – Meeting the future demands for grassland production. 421 – 423. www.lebensraum-golfplatz.de Homepage des Gemeinschaftsprojekts Lebensraum Golfplatz mit BWGV, UM BW und DGV.
