Zwischen Vogelstimmen und Blühflächen

Welchen Effekt haben Golfplätze auf die Biodiversität? Doktorandin Pia Tappe an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel untersucht seit 2023 im Rahmen des Projekts „GolfBiodivers“ mit Audiorekordern systematisch Vögel, Fledermäuse und Heuschrecken auf verschiedenen Golfanlagen. Neben aktuellen Aufnahmen analysiert sie auch historische Luftbilder, um die frühere Nutzung der Flächen nachzuvollziehen. So lässt sich bewerten, ob Golfplätze neue Lebensräume schaffen oder bestehende Strukturen verloren gehen. Was als Masterarbeit begann, entwickelte sich für sie zu einer Promotion. Gemeinsam mit ihrem Team begibt sie sich auf eine spannende Forschungsreise in ein ungewohntes Terrain des Naturschutzes: Golfanlagen.

Für Pia Tappe ist das Thema Golfplatz im Naturschutzkontext ungewöhnlich und spannend. Anders als bei klassischen Projekten in Agrarlandschaften oder im städtischen Raum handelt es sich um ein bislang wenig erforschtes Umfeld, das viel Potenzial für Biodiversität bietet. Im Rahmen des Projekts untersucht sie mit ihrem Team systematisch verschiedene ökologische Aspekte auf den Golfplätzen. Zu den Hauptaufgaben gehört das akustische Erfassen von Vögeln, Fledermäusen und Heuschrecken, um herauszufinden, welche Tierarten vorkommen. Unterstützt von studentischen Hilfskräften haben Pia und ihr Team Audiorekorder auf den Golfplätzen aufgebaut, um Vogelgesänge, Fledermausrufe im Ultraschallbereich und das Zirpen von Heuschrecken zuverlässig zu erfassen. Installiert sind pro Standort sechs Geräte, die rund um die Uhr Tonaufnahmen machen und dabei große Datenmengen erfassen. Alle Artengruppen, also Vögel, Fledermäuse und Heuschrecken, werden mit dem gleichen Gerät aufgenommen. Die Unterscheidung erfolgt später am Computer durch spezielle Analyse-Algorithmen, die jeweils auf eine Tiergruppe abgestimmt sind. Für die Auswertung einer Vogelart wird der Rekorder beispielsweise unterhalb von Nistkästen angebracht. Der Algorithmus analysiert alle drei Sekunden eine Tonsequenz und weist diese automatisch einer Vogelart zu. „Diese neue Methode ist für uns effizienter als klassische Ansätze: Statt vor Ort Tiere zu beobachten, genügt mittlerweile ein Besuch alle drei Wochen zum Speicherkartentausch“, erklärt Pia Tappe. Weil die neue Methode noch in der Entwicklungsphase ist, hört sich das Team alle Aufnahmen zusätzlich selbst an. So können die Ergebnisse überprüft und abgesichert werden. Während die akustischen Aufnahmen zeigen, welche Arten aktuell auf dem Platz leben, richtet sich ein weiterer Fokus auf die historische Entwicklung der Fläche: Pia Tappe untersucht, wie sich der Standort durch den Bau des Golfplatzes verändert hat und was das für die heutige Artenvielfalt bedeutet. Dafür wertet sie historische und aktuelle Luftbilder aus. Diese erlauben es, die frühere Nutzung der Fläche – etwa
als Agrarland, Wiese oder naturnahem Lebensraum – zu rekonstruieren und nachzuvollziehen, wie sich das Umfeld des Golfplatzes im Laufe der Zeit verändert hat. Auf dieser Grundlage wird die landschaftliche Strukturvielfalt des Gebiets vor dem Bau des Golfplatzes bestimmt. Denn nur wenn bekannt ist, wie naturnah eine Fläche vor der Umgestaltung war, lässt sich bewerten, ob sich durch den Golfplatz neue Lebensräume entwickelt haben oder bestehende Strukturen verloren gingen. Dies dient somit als Maßstab, um ökologische Entwicklungen sichtbar und messbar zu machen.

Die Zusammenarbeit mit den Golfclubs beschreibt Pia Tappe als durchweg konstruktiv. „Die Bereitschaft mitzuhelfen ist sehr hoch. Die Verantwortlichen zeigen großes Engagement, besonders die Greenkeeper. Das ist für unser Projekt ein echter Gewinn“, so die Doktorandin. Auch die Abstimmung mit dem Deutschen Golf Verband (DGV), der das Projekt „GolfBiodivers“ gemeinsam mit vier weiteren, universitären Verbundpartnern realisiert, sei vorbildlich. Bei Herausforderungen unterstütze der DGV die Forschenden bei der Lösungssuche. Nach mittlerweile zwei Jahren Projektlaufzeit beginnen sich die sorgfältige Datenerhebung und die enge Zusammenarbeit des Teams mit den Golfanlagen auszuzahlen. „Die Vielfalt ist teilweise größer als erwartet. Wir sehen eine Möglichkeit, dass auf naturnah gepflegten Golfplätzen Arten leben könnten, die in der intensiv genutzten Agrarlandschaft immer mehr Schwierigkeiten haben, einen Lebensraum zu finden. Die Feldlerche ist ein gutes Beispiel. Sie braucht offene, divers strukturierte Flächen, genau das bieten manche Golfanlagen. Ich hoffe, dass unsere Forschung dazu beiträgt, das ökologische Potenzial von Golfplätzen zu verstehen und dass schon kleine Maßnahmen, wie das Anlegen von Blühflächen einen großen Unterschied machen können“, so Pia Tappe

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