Irgendwann bei einer Runde auf dem Golfplatz Sinsheim fällt der Blick über die Landschaft: Gegenüber liegt die Burg Steinsberg, die höchste Erhebung im Kraichgau – einer der ältesten Kulturräume Europas. Hügelig ist es hier, was man auch der Golfanlage anmerkt, die sich über 90 Hektar weiträumig entlang kleiner Wäldchen und naturbelassener Flächen erstreckt. Zwischen den Streuobstwiesen, Wiesen, Wasserflächen tauchen immer wieder die Spielbahnen auf. „Kein Mensch würde heute glauben, dass hier einmal alles Landwirtschaft war“, resümiert Greenkeeper Edi Sprenger.
Er ist hier aufgewachsen, sein Vater war Landwirt, er lernte es auch. In Deutschland gehört er zu jenen Greenkeepern, die aus erster Hand die Geschichte erzählen können, was eine Golfanlage aus intensiv landwirtschaftlich genutztem Gelände macht: Auf den hügeligen Grundstücken, die ohnehin nie einfach zu bewirtschaften waren, ist eine vielfältige Landschaft gewachsen, die im Zuge der Aktion “Lebensraum Golfplatz“ nun auch von den Club-Verantwortlichen näher unter die Lupe genommen wird.
„Es wird hier ja nicht bewusst viel angelegt – aber es kommen trotzdem jedes Jahr kleinere Projekte hinzu“, resümiert die Präsidentin Claudia Zwilling-Pinna. Die große Fläche von 90 Hektar, der Betrieb eines 18- und eines 6-Löcher-Platzes, dazu das Clubgeschehen fordert das Management der Anlage ohnehin. Im GC Sinsheim ist die Aktion „Lebensraum Golfplatz“ des Baden-Württembergischen Golfverbandes deshalb eine Möglichkeit, eine gute Übersicht der örtlichen Gegebenheiten zu bekommen und daraus eventuelle neue Schritte zu entwickeln.
Eidechsen-Umsiedlung
Das größte Projekt der vergangenen Jahre betrifft die Eidechsen, die der Golfclub aufgrund einer geplanten Umgestaltung in der Nähe des Kurzplatzes umsiedeln musste. 525 Meter Reptilienschutzzaun stellten Clubmitglieder in Eigenarbeit auf, eine Spezialfirma untersuchte das Eidechsengebiet, schließlich wurden 2020 die Eidechsen abgesammelt und umgesiedelt. Ein Mammutprojekt, wie Präsidentin Zwilling-Pinna sagt, das aber auch Bewusstsein im Club für die Vielfalt der Arten auf der Golfanlage geschaffen habe.
Geprägt ist der Platz von den großen zusammenhängenden Flächen: Eines der drei kleinen Wäldchen wurde komplett der Natur überlassen. „Hier haben wir zum Beispiel den Schwarzspecht“, erklärt Clubmanager Günter Widl. Zwischen den Bahnen 13 und 14 hat sich seit dem Bau der Anlage ein großes Gebiet komplett naturbelassener Fläche entwickelt. An anderen Stellen wurden Obstbäume gesetzt, Blumenwiesen angelegt, eine Wasserfläche ist bereits als Biotop kartiert. Nutrias fühlen sich am Teich der Bahn vier extrem wohl. Greenkeeper Sprenger hat außerdem Totzholzecken geschaffen und Nistkästen aufgehängt.
Bewusstsein für Natur-Thematik steigt
Fest steht: Für potentielle Neueinsteiger oder Clubmitglieder ist der Faktor Naturerlebnis hier enorm wichtig. „Innerhalb der Mitgliedschaft wird inzwischen viel mehr auf diese Thematik geachtet“, resümiert Zwilling-Pinna. Mit den ersten Erfahrungen aus dem Projekt Lebensraum Golfplatz geht es für den Club nun darum, neue Projekte zu entwickeln.
Zum Beispiel im Bereich des Fichtensegments, das sich innerhalb eines der Wäldchen befindet. Es ist dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen, die Bäume sind abgestorben. Unklar ist aber noch, wie man mit der kleinen Fläche umgehen soll. Neuanpflanzung? Die Fläche sich selbst überlassen? Fragen, die eigentlich nicht das klassische Greenkeeping oder Clubmanagement betreffen. Im Golfsport, so die Erfahrung der Verantwortlichen des GC Sinsheim, nehmen sie inzwischen zunehmend Raum ein. Der Golfplatz ist zwar vorrangig Sportplatz, aber eben auch Lebensraum. Die Kombination aus beiden sorgt beim Golfer am Ende für ein positives Spielerlebnis.